Atommacht Iran | Die Geburt eines Nuklearen Staats by David Patrikarakos
Autor:David Patrikarakos [Patrikarakos, David]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 9783944305103
Herausgeber: EUROPA Verlag
veröffentlicht: 0101-01-01T00:00:00+00:00
Die Debatte: eine Einschätzung
In den 1980er-Jahren hatten sich die zwei »Seiten« formiert, nun prallten sie rhetorisch aufeinander – der Vorläufer des großen außenpolitischen Konflikts, der sich in den folgenden zehn Jahren auf der öffentlichen Bühne entfalten sollte. Aber wie berechtigt war die weltweite Besorgnis zu diesem Zeitpunkt? Dafür muss man zunächst die Frage beantworten, was damals bekannt war. In einem Bericht über das iranische Atomprogramm für den US-Kongress konstatierte der amerikanische Militäranalytiker Michael Eisenstadt im Mai 1998, Teheran habe nicht viel mehr getan, als etwas nukleares Material und Ausrüstung zusammenzutragen. Ganz gewiss habe der Iran noch nicht wie Nordkorea einen Reaktor gebaut, mit dem man waffenfähiges Material hätte produzieren können. »Die nukleartechnische Basis des Iran ist, soweit bekannt, eher rudimentär«, fasste Eisenstadt zusammen, »allerdings baut er an einer umfangreichen zivilen nuklearen Infrastruktur, die als Trittstein für ein Waffenprogramm dienen könnte.«319 Der Bericht benennt prägnant die Probleme, vor denen die zeitgenössischen Beobachter standen und heute die Historiker stehen. Er enthält zwei Aussagen – »ist eher rudimentär« und »baut an einer umfangreichen zivilen nuklearen Infrastruktur« –, gefolgt von einer Einschätzung oder vielmehr Befürchtung – »die als Trittstein für ein Waffenprogramm dienen könnte«. Es geht nicht darum, was der Iran hatte, sondern was er »haben könnte« oder »womöglich wollte«; die Befürchtungen waren mit vielen Wenns verbunden.
Besonders beschäftigten Eisenstadt die Bemühungen des Iran, Reaktoren, Kraftwerke und Anlagen für den Brennstoffkreislauf zu kaufen, sowie die Tatsache, dass er offensichtlich verschiedene Anreicherungstechniken erforschte (insbesondere die Anreicherung mit Gaszentrifugen). Das wusste man nicht durch die Verbindung Irans zu Khan (für die man immer noch keine Anhaltspunkte hatte), sondern durch die bekannten Verhandlungen mit China und Russland. Das war der technische Stand der Dinge. Aber die Debatte wurde und wird in einem politischen und nicht im technischen Kontext geführt. Eisenstadt zufolge deutete all dies auf
eine klare Strategie des Iran [hin] [...] seine zivile nukleare Infrastruktur auszubauen und gleichzeitig alle Aktivitäten zu vermeiden, die eindeutig seine Verpflichtungen nach dem NVV verletzen würden; dabei nutzt [der Iran] seine neuen Kontakte zu Russland und China, um Erfahrung, Fachwissen und Dual-use-Technologie zu erwerben, die bei der Initiierung eines militärischen Programms hilfreich sein könnte.
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